Trends zum 3.

Über 3700 Leserinnen und Leser nahmen an der dritten iX -Leserumfrage teil. Die Antworten dieser im 2-Jahres-Rhythmus durchgeführten Untersuchung erlauben wieder detaillierte Einblicke in die aktuellen Trends der DV-Branche.

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Von
  • Jürgen Seeger
Inhaltsverzeichnis

Kein Betriebssystemmonopol, aber ein klarer Trend zum Oligopol lässt sich aus den Daten der 2000er-iX-Leseranalyse ermitteln. Sprich: in der Verbreitung sind Linux und Windows aller Schattierungen dominant, gefolgt von Suns Solaris. Der Rest stagniert oder leidet an akuter Schwindsucht.

Linux konnte seine Verbreitung (erwartungsgemäß) vergrößern, von 45 % im Jahre 1996 über 58 % 1998 auf 74 % heute, während bei Windows in allen seinen Schattierungen keine Veränderungen zu verzeichnen sind: 88 % der iX-Leser benutzen nach wie vor ein Redmond-Produkt. Das können nicht einmal sämtliche Linux- und Unix-Anteile zusammen toppen (85 %). Als Desktop-Betriebssystem scheint Linux auch weiterhin ein Nischendasein zu fristen. Der Anteil der Leser, die ohne Mac OS, OS/2 oder Windows am Arbeitsplatz auskommen, beträgt gerade einmal 5 %, davon wiederum stellt Linux 85 %. Überrascht hat uns die hohe Zahl von Lesern, die schon mit Windows 2000 arbeiten: 37 %, in der DV-Branche sogar 46 %.

Erstmals abgefragt wurden einzelne Linux-Distributionen: SuSE hat unter diesen mit 72 % ganz klar die Nase vorn, gefolgt von RedHat mit 34 %, andere verteilen sich auf 16 %, darin hat Debian mit 7 % den größten Anteil. Wer nachrechnet, stellt fest, dass eine ganze Reihe von Firmen mehrere Distributionen einsetzt. Das gilt übrigens für alle Betriebssysteme: kaum jemand hat am Arbeitsplatz nur mit einem einzigen zu tun.

Tauchten in den Reihen der kommerziellen Unix-Derivate vor zwei Jahren noch so illustre Namen wie Siemens Reliant, SGIs Irix oder Digital Unix auf, kann man diese jetzt unter den acht Prozent ‘anderen Betriebssystemen’ subsumieren, gemeinsam mit eher exotischen Kandidaten wie Plan 9, NCR ITX oder RTE-A für HP-1000. Auch die gern gelobten BSDs für x86 halten gemeinsam nur 7 %. Nennenswert verbreitet sind noch AIX mit 16 % (Vorjahr: 19 %) und HP-UX mit 17 % (23 %), allen voran aber Suns Solaris mit 38 % wie 1998.

Etwas anders sieht die Sache aus, wenn man nur die Firmen mit 1000 Mitarbeitern und mehr betrachtet. Der Anteil von Linux sinkt auf 58 %, Solaris ist mit 49 % dabei, HP-UX kann 26 %, AIX 24 % verzeichnen. Hier haben sich Veränderungen gegenüber 1998 vor allem bei Linux und HP-UX ergeben: das freie Unix hatten damals jenseits des Mittelstands ‘nur’ 41 % der Leser im Einsatz, HP-UX aber noch 35 %. (Die Mitarbeiterzahl bezieht sich hier auf die konkrete Arbeitsstelle, nicht auf den Gesamtkonzern, zu dem man eventuell gehört.)

Die Windows-Derivate dominieren vor allem in den großen Firmen (unten), aber auch dort hat Linux die klassischen Unixe mittlerweile überholt.

Die bisherigen iX-Umfragen zeichneten sich durch eine hohe Vorhersagesicherheit aus, was das Thema ‘Umstieg auf ein anderes Betriebssystem’ angeht. Insgesamt scheint wieder mehr Bewegung ins Spiel zu kommen: die Zahl derer, die besagten Umstieg innerhalb der nächsten 12 Monate planen, ist von 18 % in 1998 auf 36 % gestiegen. 19 % liebäugeln mit Windows 2000, 15 % mit Linux, der Rest fällt unter ‘ferner liefen’ - Solaris 3 %, BSDx86 2 %.

Noch besser sieht es für die Redmonder bei den großen Firmen (ab 1000 Mitarbeiter) aus: 29 % wollen W2k einführen, 15 % Linux. Damit dürfte gegen Ende 2001 dort Windows 2000 mit über 60 % Verbreitung zum dominierenden Betriebssystem avancieren.

In den letzten Jahren hat sich durch praktische Erfahrungen und viele Diskussionen die Einschätzung Freier Software gewandelt. Galt früher ‘Was nichts kostet, taugt auch nichts’, so sind heute die GNU-Werkzeuge, der Apache-Webserver und so fort breit im Einsatz. Gut 70 % setzen freie Software in der Firma ein, weitere 6 % planen es. 1998 lag der Wert bei 59 %.

Diese Ergebnisse spiegeln sich im Ranking einzelner Produkte wider. MySQL nimmt mit 34 % den zweiten Platz hinter Oracle (42 %) ein, vor zwei Jahren verbarg sich die Datenbank aus Schweden noch unter den 13 % ‘Sonstigen’, die Kalifornier verloren in dieser Zeit ihre absolute Mehrheit von 53 %.

Deutlich mehr Federn lassen musste aber Netscape. War deren HTTP-Server 1998 noch bei 78 % der Befragten im Einsatz, betreiben aktuell nur noch 12 % ihre Website mit diesem Produkt. Microsofts IIS dagegen konnte den Wert von 19 auf 27 Prozent steigern. Absolut vorne liegt der Apache mit 67 % (43 %).

Federn gelassen: Netscapes HTTP-Server ist nur noch bei einer Minderheit im Einsatz.

Zulegen konnte Microsoft auch bei den Webbrowsern. Lag das Verhältnis Navigator/Explorer bei der letzten Umfrage noch bei 78:48 %, beträgt dieses jetzt 75:63 %. Daraus lässt sich unschwer schließen, dass viele Leser beide WWW-Frontends benutzen (müssen?), genau sind es 45 %. Opera hat immerhin einen Anteil von 7 %.

Schon von 1996 auf 1998 war ein signifikanter Rückgang der Nutzung ‘alter’ Programmiersprachen zugunsten von Web- beziehungsweise objektorientierten Sprachen festzustellen. Dieser Trend hat sich fortgesetzt. Hinzugekommen ist PHP, verloren hat unter anderem Tcl/Tk. Bemerkenswert ist der kontinuierliche Zuwachs von BASIC in der Gestalt von VBasic sowie das nahezu kongruierende Schwächeln von C. Den gestiegenen Verbreitungsgrad von SQL-Programmierern würde ich auf die Verfügbarkeit eines preisgünstigen, stabilen DBMS zurückführen, nämlich MySQL.

Dass nahezu 100 % der iX-Leser Zugang zum Internet haben, konnten wir schon 1996 vermelden. Da lässt sich wenig ändern. Veränderungen gibt es aber in der Art der Nutzung. Zwar sind Informationsaustausch respektive -recherche und Software-Download immer noch die unangefochtenen Spitzenreiter (83 %, 92 %, 85 %), doch mehr als verdoppelt hat sich Online-Shopping (27 %, 1998: 13 %). Erstmals gefragt wurde nach Business-to-Business- (B2B) und Business-to-Customer-Einsatz (B2C). Ergebnis: B2B liegt mit 40 % weit vor B2C.

Erhöht hat sich auch, kaum überraschend, die Nutzungsdauer des Internets am Arbeitsplatz. 59 % verbringen mehr als 20 Stunden im Monat beim Surfen. Privat kommen auf diesen Wert nur 36 %.

Ebenfalls neu waren Fragen nach der tatsächlichen und tariflichen Arbeitszeit sowie nach Weiterbildungsmöglichkeiten. Erste Erkenntnis: die 35-Stunden-Woche ist für iX-Leser kein Thema, nur 12 % können ihre wöchentliche Arbeitszeit unter dieser magischen Grenze halten. 40 % arbeiten mehr als 45 Stunden pro Woche, dabei liegt die tarifliche Arbeitszeit nur bei 1 % so hoch. (Wobei mir kein Tarifvertrag bekannt ist, der dies vorsieht; möglicherweise also Eingabefehler.)

Zweite, nicht eben neue Erkenntnis: Selbstständige müssen mehr ran als Angestellte. Der Anteil der Befragten mit über 45 Wochenstunden beträgt bei ersteren satte 59 %, bei letzteren ‘nur’ 36 %. Nun kommen die vielen Stunden im eigenen Laden ja in irgendeiner Weise dem eigenen Portmonee zugute, Angestellte fragen da nach Entgelt. Bei 15 % der Angestellten ist durch AT-Zulagen die Mehrarbeit pauschal abgegolten, 33 % bekommen sie nach Zeitaufwand bezahlt, und: 45 % müssen sie als unbezahlte Überstunden hinnehmen.

Ähnliche Korrelationen ergeben sich beim Aufwand für Weiterbildung. Mehr als 20 Stunden pro Monat wenden dafür 24 % der Angestellten auf, bei den Selbstständigen sind dies 31 %. Gut die Hälfte betreibt die in diesem Umfeld unabdingbare Erneuerung des Wissens in ihrer Freizeit.

Einige Fragen betrafen das Urteil der Leser zu iX. Fazit: wir sind wieder um sechs Hundertstel besser geworden, nämlich 1,89 nach Schulnoten gegenüber 1,95 vor zwei Jahren. Vor allem Themenauswahl, Aktualität und praktischer Nutzen wurde besser beurteilt als vor zwei Jahren, etwas gesunken ist die Note für Verständlichkeit. Die Tests können nach Meinung vieler Leser noch kritischer sein, die fachliche Kompetenz wurde sogar etwas besser bewertet als vor zwei Jahren.

Nachdem in der Vergangenheit die einzige Möglichkeit, an der Befragung teilzunehmen, das Ausfüllen und Einsenden eines dem Heft beigelegten Fragebogens war, gab es in diesem Jahr gleich drei Möglichkeiten: online, per Faxformular und der traditionelle Weg. Circa zwei Drittel der Teilnehmer entschieden sich für die Webvariante, ganze 100 sandten ein Fax, der Rest schickte uns den ausgefüllten Fragebogen per Post.

Was bei Letzterem nicht hätte passieren dürfen: auch die Rückseite des Adressabschnittes war bedruckt, obwohl wir wie immer versprochen hatten, sofort nach dem Eingang der Fragebögen Name und Anschrift abzutrennen. Um diese Zusage einzuhalten, gestaltete sich die Bearbeitung der Leseanalyse etwas aufwändiger als geplant: von allen Fragebögen Seite 3 kopieren, anheften, und dann die Adresse abschnippeln. (js)